Tag 16 - Bei den Bremer Stadtmusikanten

Es folgt die Fahrt nach Bremen mit einem Tankstopp und einer Schleuse. Danach besuchen wir die Bremer Stadtmusikanten und Kaiser Friedrich.

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Tag 16 - Bei den Bremer Stadtmusikanten

Dienstag 26.10.2021
Wetter: Mehrheitlich bewölkt, teilweise sonnig
Windstärke: 2-3
Motorstunden: 4
Distanz: 19 km
Schleusen: 1 (Bremen Hemelingen)
Route:

Wieltsee - Bremen

Heute soll es bezüglich Fahrzeit ein lockerer Tag werden. Wir kurven so gegen 10:00 Uhr aus dem Hafen Wieltsee, um in die Stadt Bremen zu fahren. Unterwegs gibt es eine bekannte Bootstankstelle, an der wir Diesel tanken wollen. Der Tank ist noch mehr als halb voll, aber wir wollen, dass der Treibstoff bis zum Ende unserer Reise reicht. Das Wassersportzentrum Oberweser finden wir bei Flusskilometer 359. Im Hafen müssen wir ganz nach hinten fahren und dort an der Tankstelle anlegen. Der Hafenwart verspricht sich ein grosses Geschäft. Das Tanken ist jedoch etwas mühselig, weil der Diesel immer zurück schwappt. So bringen wir nur etwas über 50 Liter in den Tank. Mit mehr Geduld wären es sicher 100 Liter geworden. Aber das Betanken eines Bootes überlassen wir lieber dem Fachmann. Er übergibt uns zum Abschied einen Tidenkalender, damit wir unsere Fahrten nach Ebbe und Flut planen können. Ich verschweige, dass ich auf dem Smartphone einen aktuellen Tidenkalender habe und die Verhältnisse schon zuhause mehr als nötig studiert habe - wir hatten ja anderthalb Jahre Zeit. Wir bedanken uns, machen die Leinen los und steuern Richtung Schleuse Hemelingen. Es ist die letzte vor dem Teil der Weser - Unterweser genannt -, der zum Seegebiet zählt und eben der Tide unterworfen ist. Als wir uns an der Schleuse anmelden, erlaubt uns die Zentrale, die kleine Sportbootschleuse zu verwenden. Diese wir in Selbstbedienung bedient und ist eigentlich nur für Boote unter 4 m Breite ausgelegt. Da unseres 4.25 m breit ist, wird es beim Manövrieren in der Schleuse etwas eng. Aber mit dem Drücken der richtigen Knöpfe zur richtigen Zeit schaffen wir auch dieses Hindernis. Das war wiederum eine neue Erfahrung und wohl die einzige Selbstbedienungsschleuse auf unserer Reise.

Warten aufs "Wasser lassen" der Schleuse
Es beginnt zu brodeln, das Wasser läuft aus
Wir sind unten, das Tor geht auf

Nun folgt ein kurzer Törn mitten durch Bremen. Darauf haben wir uns lange gefreut. Wir ziehen gemächlich durch die Häuserzeilen und entlang der angelegten Schiffe. Darunter ist das Segelschiff Alexander von Humboldt, in dem Übernachtungen gebucht werden können, wie ich mir habe sagen lassen.

Segelschiff «Alexander von Humboldt»

Wir können aber aus Platzgründen nicht in der Stadtmitte anlegen, sondern fahren noch etwas weiter bis zum Europahafen. Dort ist ebenfalls eine Marina, wo wir als Gastlieger für eine Nacht bleiben dürfen. Und wie lautet der Standardsatz in diesen Tagen? Wir haben Stromanschluss! Yeah!

Wir machen uns frisch und wollen den Nachmittag in der Innenstadt verbringen. Ein Tram bringt uns im Eiltempo in die Altstadt. Wenn die Tramfahrer in Bern so schnell durch die Marktgasse brettern würden, wären sie ihren Job noch am gleichen Tag los. Wir halten uns an den Bänken und hoffen, dass nicht plötzlich ein Radfahrer unfreiwillig auf der Nase des Trams mitfährt. Es geht aber alles gut, wir steigen erleichtert aus und schlendern durch die Altstadt. Rund ums Rathaus ist bereits ein Weihnachtsmarkt in vollem Betrieb. Das ist ja nett, aber Ende Oktober sind wir noch nicht im Weihnachtsmodus. Schulterzuckend suchen wir die Bremer Stadtmusikanten. Diese Statue ist ein Touristenmagnet in Bremen. Dort ist ein richtiger Trubel, und jeder will sich vor dem grössenmässig sehr bescheidenen Kunstwerk ablichten lassen.

Die Bremer Stadtmusikanten - für uns ohne Selfie

Es kommt mir ähnlich vor wie in meinen Jugendjahren, als wir mit dem Motorrad durch Skandinavien tourten. In Kopenhagen machten wir einen mehrstündigen Stadtspaziergang - notabene in Töffstiefeln -, um die Statue der Kleinen Meerjungfrau zu besuchen. Als wir sie endlich gefunden hatten, standen wir enttäuscht vor einem kaum hüfthohen Figürchen, das einige Meter draussen im Wasser auf einem kleinen Felsen sass. Wir fotografierten sie natürlich, dachten aber insgeheim: "Und nur dafür eine solche Stadtwanderung?". Aber ich schweife ab.

Wir verabschieden uns von den Musikanten und spazieren weiter durch das bekannte Schnoor-Viertel.

Schnoor-Viertel

Es ist eines der wenigen alten Viertel, die im Zweiten Weltkrieg nicht komplett zerbombt wurden. Wir finden es putzig, aber alle solchen Touristenmagnete werden früher oder später mit Boutiquen und überteuerter Gastronomie befüllt, so dass sie kaum mehr etwas von ihrer ursprünglichen Authentizität vermitteln können.

Deshalb ziehen wir uns bald in ein uriges Wirtshaus namens "Kaiser Friedrich" zurück, um dort ein rustikales Nachtessen zu geniessen.

Urige Hafenkneipe «Kaiser Friedrich»

Die offerierte Vorspeise finden wir allerdings etwas zu viel des Rustikalen: Das Schweineschmalz mit Grieben lassen wir mehrheitlich unangetastet, im Bewusstsein, dass wir damit eine Spezialität des Hauses verschmähen. Aber das nachfolgende Essen ist vorzüglich und wie immer trotz der grossen Portion sehr preiswert. Hier in Deutschland entscheiden wir uns meistens für die lokale Küche. Alles andere - Asiatisch, Mediterran, Döner usw. - können wir ja auf der ganzen Welt haben.

Der Kaiser Friedrich hat uns ziemlich müde gemacht, und so sind wir froh, auf unser Boot zurückzukehren und dort den Abend bei einem koffeinfreien Kaffee und etwas Süssigkeiten zu beschliessen.

Abendstimmung im Europahafen. Wer findet unser Bötchen?

Dazu bereiten wir noch die morgige Etappe vor, die ziemlich ehrgeizig zu werden verspricht. Aber dazu nächstens mehr.