Mittwoch 25. September 2024
Da die Wetteraussichten heute nicht berauschend sind, warten wir den ersten Regenschauer ab, bevor wir ablegen. Es ist bereits etwas windiger, aber wir freuen uns trotzdem auf die Fahrt, die uns Richtung Giethoorn und dann durch zwei Seen wieder nach Blokzijl führen soll.
Die Batteriekapazität liegt nach der gestrigen Fahrt noch immer bei über 60%. Das heisst, dass man mit diesen Booten je nach Fahrdistanz und Geschwindigkeit mehrere Tage autonom sein kann, ohne zwingend Landstrom zu beanspruchen. Das ist ja besser als bei den Dieselbooten, was wir nicht erwartet hätten. Diese haben zwar eine grössere Reichweite, aber um an Bord genügend Strom zu haben, müssen die Verbrauchsbatterien fast täglich neu aufgeladen werden. Insgesamt sind wir vom flüsterleisen Durch-das-Wasser-gleiten und von der Wendigkeit beeindruckt.
Wir legen ab und verlassen Steenwijk durch den Beukers-Steenwijk-Kanaal, der ziemlich breit und wohl auch für grössere Schiffe geeignet ist. Am Ortsausgang passieren wir "Steeler Yachts", die qualitativ hochstehende und dementsprechend teure Yachten herstellt. Da dümpeln einige nette Böötchen.
Bald durchqueren wir Giethoorn, einen bekannten Ort für den Wassertourismus. Wir folgen dem Kanal weiter nach Süden und biegen dann nach Steuerbord in die Beulakerwijde ein, einen grösseren See, der uns wieder nordwestlich Richtung Blokzijl führt. Am Ufer steht die Miniversion einer Freiheitsstaue.
Auf dem See weht ein recht starker Westwind, der das Fahrverhalten des Boots massiv beeinflusst. Da das Boot nicht aus Stahl gebaut ist und trotz seiner Grösse nur etwa 9 Tonnen wiegt, ist es windanfälliger als die Boote, die wir bisher gefahren sind. Um in der Fahrrinne zu bleiben und nicht nach Steuerbord abgetrieben zu werden, muss mit mehr Schub und das Boot schräg im Wind gefahren werden.
Dieses Fahrverhalten zeigen bei Starkwind sogar die grossen vollbeladenen Binnenschiffe. Das kann man gut im folgenden Youtube-Video sehen:
https://youtu.be/a6V33U6woFo?si=2FTP5dEQFgOAbdgg
Bei uns ist die Lage jedoch entspannt, und sobald wir in den nächsten Kanal einfahren, herrscht wieder Ententeich-Atmosphäre. Wir machen an einer der vielen Anlegestellen in freier Natur für eine Kaffepause fest.
Was beim elektrischen Antrieb ebenfalls auffällt, sind die grossen Unterschiede im Verbrauch je nach Gewschwindigkeit. Bei 6 km/h, der Höchstgeschwindigkeit auf vielen kleineren Kanälne und innerorts, liegt der Verbrauch bei ca. 1500 W. Wenn man auf 8 km/h erhöht, benötigt man bereits 3500 W und bei 9 km/h über 4500 W. Die Reichweite sinkt also drastisch, je schneller gefahren wird.
Nach der Pause gleiten wir gemächlich weiter und fahren über das Giethoornse Meer Richtung Blokzijl. Dort passieren wir wiederum die Schleuse.
Unser Ziel ist es, vor 16:00 Uhr die Brücke bei Vollenhove zu durchqueren, damit wir dort nicht zwei Stunden den Pendlerverkehr aussitzen müssen. Kurz nach der Brücke biegen wir wieder in den Hafen von "Natural Yachts" ein.
Es hat natürlich einen Grund, wieso wir bereits am zweiten Tag wieder zur Charterfirma zurückkehren. Für den Donnerstag ist schlechtes und windiges Wetter angesagt. Falls der Wind zu stark wird, um zu fahren, wollen wir nicht irgendwo in der Pampa übernachten und Gefahr laufen, das Boot nicht rechtzeitig zurückbringen zu können. Wir müssen es am Freitag abgeben, und die Wetteraussichten bis dann sind nicht gerade prickelnd.
Das Anlegen wird zu einer Herausforderung. Wir kurven durch den Hafen, ohne eine Lücke zu finden. Schon wollen wir an einem anderen Boot festmachen, da eilt der Besitzer der Anlage herzu und verschiebt mit einem Kollegen eine der Yachten so, dass die Lücke für uns gross genug zum Anlegen wird. Allerdings zweifle ich sehr daran, dass der Platz wirklich ausreicht. Der Vercharterer winkt jedoch und ruft, dass das schon geht. Ich manövriere parallel zur Lücke heran und verschiebe dann das Boot mit dem Joystick vorsichtig seitwärts in die Lücke. Das klappt tatsächlich, trotz des Windes. Nach dem Anlegen kriege ich zwar lobende Worte vom Vercharterer. Aber als ich sehe, dass vorne und hinten kaum mehr ein halber Meter zu den anderen Booten bleibt, rutscht mir das Herz nachträglich fast in die Hose.
Nach diesem Anlegemanöver brauchen wir dringend eine Stärkung. Da es in der Nähe des Hafens keine Restaurants hat, geniessen wir ein selbstgekochtes Nachtessen an Bord. Wir müssen ohnehin die Vorräte vernichten, da wir ja schon bald die Heimreise antreten. Eine Kurzwoche ist eben eine Kurzwoche.
In der Nacht frischt der Wind auf, so dass wir durch den Schlaf geschaukelt werden.