Langsam lässt sich in diesen Frühlingsferien ein Muster erkennen. Bereits das dritte Mal setzen wir uns in den Zug, der uns zu einer weiteren Anlegestelle bringen soll. Diesmal fahren wir nach Basel. Vom Bahnhof SBB ist es ein kurzer Fussmarsch durch die Altstadt, über den Marktplatz, vorbei am geschichtsträchtigen Rathaus, hin zur Schifflände am Rhein. Der Rhein ist hinlänglich bekannt als wichtige Grossschifffahrtsstrasse bis an die Nordsee. Er kann aber von hier aus noch weiter flussaufwärts bis nach Rheinfelden befahren werden. Das Motorschiff "Rhystärn" fährt zweimal pro Woche diese sogenannte Grosse Schleusenfahrt. Sie dauert rund zweieinhalb Stunden und führt mitten durch Basels Altstadt, durch Industriegebiet, aber auch durch naturbelassene Flusswindungen. Dabei sind die beiden Schleusen Birsfelden und Augst zu überwinden. Bei dieser Flussfahrt kommt also bestimmt keine Langeweile auf.
Das Schiff legt pünktlich um 11:00 Uhr ab. Unter der Mittleren Brücke und der Wettsteinbrücke durch geht es an Kleinbasel vorbei Richtung Birsfelden.
Schon bald tauchen die Türme von Roche auf. Die Hochhäuser der Schweiz lassen sich an einer Hand abzählen, und das sind zwei davon. Der Turm 2 ist aktuell mit 205 m das höchste Gebäude der Schweiz. Ein dritter Turm ist in Planung. Er soll noch etwas höher werden.
Kurz nach den Roche-Türmen und der Schwarzwaldbrücke biegen wir in den Schleusenkanal ein. Die Schleuse Birsfelden ist rund 190 m lang, 12 m breit und soll uns etwa 8.5 m nach oben bringen. Es herrscht reger Verkehr, da Birsfelden und Schweizerhalle oberhalb der Schleuse Ziel vieler Binnenfrachtschiffe sind. Wir müssen uns also etwas in Geduld üben, bis die "Eiltank 233" aus der Schleuse ausfährt und uns Platz macht. Wir schleusen zusammen mit der niederländischen "Calypso", einem Containerschiff.
Die Schleusung wäre für uns als passive Zuschauer unspektakulär, wenn da nicht hinter uns noch ein kleines Sportboot in die Schleuse geschlüpft wäre. Gespannt beobachten wir, wie der Bootsführer die Schleusung direkt hinter dem Kursschiff übersteht. Es zeigt sich, dass er über viel Erfahrung verfügt, denn er hängt sich lässig mit einem Schleusenhaken an die Leiter und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
Bald sind wir oben, werden aus der Schleuse entlassen und fahren weiter an Schweizerhalle vorbei Richtung Augst.
Dazwischen kurz ein paar Zahlen zum Motorschiff "Rhystärn":
Inverkehrsetzung: 2018
Länge: 69.9 m
Breite: 11.4 m
Verdrängung: 500 t
Motorisierung: 2x 330 kW (Diesel)
Quelle: Basler Personenschifffahrt
Auch in Augst gibt es ein Flusskraftwerk zur Erzeugung von Strom. Auf der Südseite befindet sich die Schleuse Augst, die bei Binnenschiffern nicht sehr beliebt sein dürfte. Das Kraftwerk entlässt sein Wasser nämlich mitten in den Schleusenkanal. Die einfahrenden Schiffe haben also direkt vor der Schleuseneinfahrt gegen diese Querströmung anzukämpfen. Zudem kann man nicht gerade einfahren, sondern nur mit einer kleinen Linkskurve, was das Manöver nicht einfacher macht.
Entsprechend langsam - wie das in solchen Situationen üblich ist - führt der Steuermann des Kursschiffes das Manöver zum Einfahren in die Schleuse durch. Es klappt alles prima.
Die Schleuse Augst ist die letzte Grossschifffahrtsschleuse am Oberrhein, 110 m lang und 12 m breit. Der Hub war bei unserer Durchfahrt ca. 7 m.
Augst ist nicht nur für das Laufkraftwerk und die Schleuse bekannt, sondern auch für Augusta Raurica, eine der bedeutendsten römischen Fundstätten der Schweiz. Augusta Raurica entwickelte sich ab 50 n.Chr. von einem römischen Militärlager zu einer blühenden Handels- und Gewerbestadt. Die Ausgrabungsstätte weist viele gut erhaltene Gebäude auf, und der Besuch ist ein Erlebnis.
Direkt nach der Ausfahrt aus der Schleuse liegt an Steuerbord die Anlegestelle Augst. Die Passagiere wurden mehrmals durch Lautsprecheransagen darauf hingewiesen, dass man sich beim Personal melden soll, wenn man dort aussteigen will. Es scheint sich niemand gemeldet zu haben, denn das Schiff passiert die Anlegestelle und fährt weiter rheinaufwärts.
Nach einigen hundert Metern jedoch bremst der Kapitän ab und fährt wieder rückwärts zur Anlegestelle. Es stellt sich heraus, dass ein offenbar leicht überforderter oder verwirrter Lehrer die Ansagen verpasst hatte, obschon er mit seiner Schulklasse in Augst aussteigen wollte. Die Fracht in Form eines übermütigen Teenager-Rudels kann aber ohne weitere Zwischenfälle abgesetzt werden, und die Fahrt geht weiter Richtung Rheinfelden.
Dort ist für die Grossschifffahrt Endstation. Von hier bis Schaffhausen verkehren keine Schiffe. Wir legen also in Rheinfelden an und steigen aus. Wieder haben wir eine attraktive Flussstrecke kennengelernt.
Wir verfolgen noch das Ablegemanöver der "Rhystärn" und machen uns dann auf den Weg zum Bahnhof.
Es scheint, dass wir langsam aber sicher zu chronischen Wassertouristen mutieren. Wir sind gespannt, wohin uns die nächste Schiffs- oder Bootsreise führt.