Der Nachteil an kurzen Ferien ist, dass sie nicht länger dauern. Nach dem Aufwachen wird uns bewusst, dass dies bereits der letzte volle Bootstag ist. Da steht logischerweise die Rückreise in die Region Terherne auf dem Tagesplan. Wir ahnen noch nicht, dass wir einen unruhigen Abend verbringen werden.
Es wird die längste Fahrstrecke, die mehrheitlich über den Johan Frisokanaal und den Princes Margrietkanaal führt. Zweiteres ist die meistbefahrene Binnenschiffahrtsstrasse in Friesland. Beide Kanäle sind mit Aquädukten und hohen Brücken (über 7 m) so ausgebaut, dass in den meisten Fällen keine Brückenöffnungen notwendig sind. Dafür muss man wegen der Berufsschifffahrt dauernd achtsam sein. Die grossen Pötte haben Vortritt, sie wollen ans Ziel kommen und nicht Ausweichmanöver fahren oder gar die Geschwindigkeit reduzieren, schon gar nicht wegen ein paar Landratten aus der Schweiz.
Die Strecke ist zwar lang, aber wegen dem anhaltend schönen Wetter und dem doch sehr überschaubaren Verkehr sehr entspannt. Wir kochen und essen unterwegs ohne anzuhalten. Es ist uns lieber, frühzeitig eine schöne Anlegestelle zu finden und dann den Motor für heute abzustellen. Schliesslich landen wir im Zoutepoel, ganz in der Nähe von Terherne.
Wir hatten ursprünglich die Idee, von der Anlegestelle zu Fuss das Restaurant "Meer van Lenten" zu besuchen. Aber wir haben mitten in der Wildnis angelegt, mit Sumpf und Schilf, wo Gänse brüten. Ohne Fischerstiefel wird das nichts.
Wir verzichten deshalb auf den Restaurantbesuch und machen uns stattdessen ein letztes Mal einen gemütlichen Abend auf Deck. Dieser wird nur von einem unflätigen Motorbootfahrer unterbrochen, der so schnell an uns vorbeifährt, dass das Schiff bedrohlich schaukelt und unter Deck die Schränke aufspringen. Wir fürchten, dass das Boot an Land gehoben wird und dort strandet, oder dass zumindest die Fender wegspringen und die Hülle zerkratzt wird. Nach ein paar schweizerdeutschen Kraftausdrücken beruhigt sich die Lage, das Wasser und die Mannschaft. Nach einer Besichtigung können wir feststellen, dass nichts passiert ist. Unsere Leinen und Fender waren offenbar richtig gesetzt. Zur Sicherheit fotografieren wir die Situation noch, um uns bei allfällig auftauchenden Mängeln abzusichern.
Etwa um 21.30 Uhr werden wir durch einen lauten Knall aufgeschreckt, der nicht nur zu hören, sonder auch zu spüren ist. Wir können uns den Grund nicht erklären, vermuten aber einen Überschallknall, obschon keine Militärflugzeuge zu sehen ist.
Etwa 10 Minuten später sehen wir aus Richtung Joure mehrere Feuerwehrfahrzeuge über den Deich fahren. Wenig später rasen mehrere Polizeiboote an uns vorbei, und zwei Helikopter treffen ein und landen in der Nähe der Heerenzijl-Brücke. Es hat sich bei dem Knall offenbar um einen Bootsunfall gehandelt. Wir sind beunruhigt, können aber aus der Distanz nichts tun. Im Bewusstsein, dass genügend professionelle Hilfskräfte vor Ort sind, legen wir uns zur Ruhe.
Später erfahren wir, dass bei der Explosion in einem Boot ein Mann und eine Frau schwer verletzt wurden. Die Frau hatte etwas mehr Glück, weil sie von der Explosion ins Wasser geschleudert wurde. Wir hoffen, dass die Verletzungen nicht zu schwer sind und beide wieder genesen.
Fahrstatistik Tag 4
Fahrstrecke heute: 37,3 km | Fahrstrecke total: 107,9 km