Fahrstunde in Friesland

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Fahrstunde in Friesland
Yachthafen in Grou

Der heutige Tag darf mit Fug und Recht als einer der ereignisreichsten unserer Reise bezeichnet werden. Wir machen Bekanntschaft mit zwei gemütlichen Friesen, mit einer Selbstbedienungs-Klappbrücke und mit dem 12 t schweren «IJsvogel», der uns bei den ersten Fahrmanövern alles abverlangt. Aber der Reihe nach...

Gleich neben dem Kloster bzw. Hotel befindet sich die Sekundarschule Boxmeer. Auf dem Weg zum Frühstücksraum werden wir Zeugen, wie diszipliniert hunderte von Schülern, die kurz vor Unterrichtsbeginn mit dem Velo ankommen, von Platzanweisern in die verschiedenen Sektoren der Veloständer eingewiesen werden. Wenn ein Sektor voll ist, werden die Schüler in den nächsten Bereich eingewiesen. Wir sind beeindruckt und können uns nicht sattsehen. Ich male mir aus, welch fürchterliches Durcheinander bei uns in einer Schule dieser Grösse und mit so vielen Velos jeden Morgen herrschen würde.

Generell machen mir die Niederlande einen wohlorganisierten Eindruck. Die Anfahrt auf der Autobahn war entspannt, im Gegensatz zu Deutschland, wo Drängler und Raser das Sagen haben. Auf den niederländischen Autobahnen ist der Pannenstreifen normalerweise als weitere Spur befahrbar. Er wird nur bei einem Ernstfall mit Lichtsignalen für den Verkehr gesperrt, ähnlich wie bei uns die Fahrspuren in Tunnelröhren. Das ist effizient und erlaubt dichteren Verkehr ohne Stau. Mir fällt auch auf, dass es kaum chronische Linksfahrer gibt. Die Spur wird nach dem Überholmanöver sofort wieder gewechselt. Sympathisch.

Nach einem umfangreichen Frühstück machen wir uns auf den Weg über die stressarmen Autobahnen via Arnheim und Zwolle Richtung Friesland. Unser Ziel ist Grou in der friesischen Seenlandschaft und dort die Jachtvermietung Hofstra. Wir treffen zwar etwas verspätet ein, werden aber von Henk Hofstra und seiner Frau freundlich empfangen. Nachdem wir unser Gepäck auf das Schiff verfrachtet haben, bekommen wir eine erste Einweisung: Elektrik, Navigation, Heizung, Küche, Wasser und Diesel tanken.

Der «IJsvogel», unsere schwimmende Wohnung für die nächste Woche

Kurz danach trifft Foeke ein, der uns in den Umgang mit dem Boot einweisen wird. In sehr angenehmer Weise gibt er uns zuerst einen theoretischen Überblick und befiehlt mich dann ans Steuer. Sofort wird klar, dass es sich beim Bootfahren um Teamarbeit handelt. Alle bekommen einen Posten, müssen Leinen losmachen, Fender richtig setzen oder beim Hafenmanöver als zusätzliche Augen dienen. Nach ersten zaghaften «Schritten» verlassen wir den Hafen und machen uns auf den Weg in die Kanäle rund um Grou. Eine erste Herausforderung stellt sich an der Fussgängerbrücke vor dem Hafen.

Der Besen hilft beim «drukken» der Selbstbedienungstaste

Sie muss in Selbstbedienung mit einem Schalter an der seitlichen Anlegestelle bedient werden. Also erstmals seitlich anlegen, Knopf drücken und dann wieder ablegen. Gemeinsam und unter kundiger Anleitung von Foeke schaffen wir es. Kurz danach biegen wir bereits in den grossen Prinses Margrietkanaal ein, der auch von der Berufsschifffahrt rege benutzt wird. Nach etwa zwei Kilometern verlassen wir ihn Richtung Naturschutzgebiet «De Alde Feanen». Dort, rund um die Insel Rengerspolle schlaucht uns Foeke mit mehreren An- und Ablegemanövern seitlich und rückwärts, MOB-Manöver (Mensch über Bord) und Wenden auf engem Raum. In diesem Moment hier in der rauhen friesischen Landschaft bei leicht windigem und kühlem Wetter auf dem 12 m langen «IJsvogel» packt mich die Faszination Bootfahren erstmals so richtig.

Auf dem Prinses Margrietkanaal geht es Richtung Naturpark Alde Feanen

Nach dem rund dreistündigen Ausflug attestiert mir Foeke die Fähigkeit, das Boot nun selbständig zu führen. Ich bin ihm äusserst dankbar für die Lehrstunde. Sie vermittelt mir die nötige Sicherheit, obschon ich weiss, dass vor uns noch viele unprofessionelle Manöver warten und dass wir noch manche Stunde hinter dem Steuer verbringen müssen, bis sich eine gewisse Routine einstellt. Trotzdem, der Anfang ist gemacht.

Wir übernachten heute im Hafen von Henk Hofstra, damit wir morgen ausgeruht zu unserer ersten Etappe starten können. Er wünscht uns bereits jetzt gute Fahrt und statte unser Schiff am Bug noch mit einem Schweizerfähnchen aus. So nett :-)

Fahrstatistik Tag 0

Distanz heute: 11,5 km | Distanz total: 11,5 km

Route Tag 0